ULTRA  multimediale Stahlinstallation 2006

Pauluskirche, Duisburger Akzente «woran glauben»

ULTRA, multimediale begehbare Stahlinstallation mit Lichteffekt, Klangeffekt, Wort und Film

Das Energiezentrum
Die „Spannung“ des Energiezentrums entlud sich zum ersten Mal während der Vernissage und dann in halbstündigen Intervallen und dauerte fünfzig Sekunden. Während dieser Zeit war die Installation in ein gleissendes Licht getaucht, das weithin den Umraum überstrahlte. Dieser Lichtvorgang war gekoppelt mit einer eigens dafür komponierten expressiven Geräusch-Klang Collage mit Orgel.

– – – – –

Dr. Gottlieb Leinz, Stellvertretender Direktor
Wilhelm Lehmbruck Museum Duisburg
Zentrum Internationaler Skulptur

Nicht von Westen, wie in christlichen Kirchen üblich, betritt man die Pauluskirche, sondern von Osten. Auch in der Umkehr dieser traditionellen Ausrichtung, wie sie für dieses Kirchengebäude vorliegt, bleibt die geographische Orientierung eine grundlegende Erfahrung für die gesamte komplexe Installation ULTRA, die Romi Fischer für diese Räume geschaffen hat. Eine doppelköpfige „Janus“- Skulptur empfängt den Besucher beim Durchschreiten der Vorhalle und führt ihn in das „Existenzfeld“ vor dem zentral dominierenden Pyramidengerüst bis hin zum Altarraum im Westen, vor dem sich das „Erinnerungsfeld“ ausbreitet. Dort endet das menschliche Dasein im Zyklus des Lebens zwischen dem „Betreten der Welt“, der Erleuchtung und dem Tod.
Das durchgehend von Emporen gerahmte Mittelschiff der Pauluskirche (140 Quadratmeter Grundfläche) wird von Säulenstellungen mit gedrücktem Bogen begleitet. Es wird am Eingang im Osten von der Orgel-Empore und im Westen vom Altarraum als dem liturgischen Zentrum eingefasst. Während der Luftraum des Mittelschiffes durch den Klang der Orgel und die Energieströme der Pyramide in Schwingung versetzt wird, ist der Fußboden des Mittelschiffes nach dem Konzept der Künstlerin durch ungleich große, leicht aufschimmernde, dunkel changierende Stahlplatten bedeckt. Dieses Stahlfeld ist Schauplatz und Fundament aller skulpturalen Elemente, die sich zu einer begehbaren Raumbühne fügen.
Der unstete Lebensrhythmus wird ergänzt um eine mehrstimmige Wort-Collage, die durch ein Tonband vermittelt wird. Das Endlosband führt Aufzeichnungen von menschlichen Stimmen vor, die in wechselnder und sich überlagernder Rede aus Texten von Teresa von Avila, Blaise Pascal, Rainer Maria Rilke und Paul Virilio zitieren. Gemeinsam ist diesen Stimmen der hohe Gehalt menschlichen Denkens, aber auch der Verlust von Form. Wort-Fragmente und Torsi des menschlichen Leibes begegnen sich auf dieser Installationsfläche in enger Nachbarschaft.
Alle Elemente in diesem Skulpturenfeld werden überstrahlt durch das gewaltige Pyramidengerüst in Stahl von 3,50 m Höhe mit einer Seitenlänge von jeweils 4,20 m. Diese Masse sowie gleichermassen jene der Bodenplatten ergeben sich, wie in allen Stahlkonstruktionen der Künstlerin zu beobachten, aus dem Modul der vollkommenen Zahl 7. Lokalisiert in der Mitte des Raumes dient die dunkel getönte Großplastik, die an allen Seiten um Leiterelemente und um massive Stahlsockel ergänzt ist, als Energie-Speicher aus Stahl, Licht und Klang. Im Einklang mit der prähistorisch-archaischen Form der Pyramide als Ewigkeits- und Sonnensymbol dient sie als Kraftraum. Im Zentrum des oben offenen Stahlgerüstes ist am Boden eine Stahlbox in Gestalt eines kompakten „Kondensators“ eingebaut, dessen „Spannung“ entsprechend der programmierten Zeitschaltung sich in Intervallen von dreißig Minuten in extremen Geräuschen und Orgelklängen sowie gleichzeitig aufblitzendem Licht entlädt. Acht unsichtbar im Innern angebrachte Scheinwerfer tauchen dann die gesamte Pyramide in ein gleißendes blendendes Licht. Der Lichtfluß dauert lediglich fünfzig Sekunden, gleicht jedoch einer raketenartigen Explosion. Dabei wird für einige Momente die Kernzone der von Licht überstrahlten Anlage verborgen. Die Pyramide verwandelt sich in einen Licht-Turm und nimmt die Gestalt einer überirdisch schwebenden Energie-Wolke an.
(Textauszug aus dem Katalog ULTRA)

Dr. Gottlieb Leinz, Stellvertretender Direktor
Wilhelm Lehmbruck Museum Duisburg
Zentrum Internationaler Skulptur

– – – – –

Vorwort zur Installationsdokumentation von Romi Fischer

Dr. Jean-Pierre Hoby
Direktor Abteilung Kultur der Stadt ZürichEnergiezentrum

Mit ihrer multimedialen begehbaren Stahlinstallation ULTRA hat Romi Fischer ein Kunstwerk geschaffen, das sich im Spannungsfeld von Zeit, Raum und Ewigkeit situiert. In einleuchtenden Konzeptionen und der Konzentration auf Wesentliches werden Fragen zum Menschsein, zu seinen Konstanten und seiner Endlichkeit aufgeworfen.
Romi Fischer reiht sich mit dieser Arbeit ein in die Schar von Künstlerinnen und Künstlern, die Werke und Räume mit sakralem Charakter geschaffen haben und geeignet sind, auf das Geheimnis der göttlichen Welt hinzuweisen.
Ich bin überzeugt, dass gegenwärtig eine Renaissance des Sakralen und Religiösen im Gange ist – nicht nur im Bereich der Bildenden Kunst. Dies, weil die Zeiten mit dem Aufflammen des weltweiten Terrorismus in den Augen vieler Menschen wieder instabil geworden sind und Wörter wie „Unsicherheit“ und „Orientierungslosigkeit“ den Stand unserer Befindlichkeit am treffendsten beschreiben. Aber natürlich zeigt sich die sakrale Kunst heute in anderem Gewand als früher.
Was sakrale Kunst heute verdeutlichen kann, ist die Gegenwart eines wie auch immer gearteten Gottes unter den Menschen. Dabei geht es nicht darum, Unsichtbares sichtbar zu machen oder Abbilder zu schaffen. Es geht vielmehr um das Ermöglichen von existenziellen Erfahrungen. Wie sich in einem künstlerisch gestalteten Raum die Menschen platzieren, wie einzelne Werke wirken, wie sich Licht und Schatten verteilen, das alles kann einem bewusst machen, wie Gott unter den Menschen wohnt, wie weit der normale Alltag von sakralen Vorstellungen geprägt und durchdrungen ist.
Ich bin stolz darauf, dass die Zürcher Künstlerin Romi Fischer von der Stadt Duisburg eingeladen wurde, in der Pauluskirche ihre persönliche Antwort auf die Frage „Woran glauben?“ in Form dieser eindrucksvollen multidimensionalen Rauminstallation zu geben. ULTRA lädt uns alle ein, sich der gleichen Frage zu stellen. Ich bin deshalb sehr froh, dass das Kunstwerk in der vorliegenden Dokumentation einer breiten Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden kann, und danke allen, die dazu einen Beitrag geleistet haben.

– – – – –

Pressenotiz

Frau Katharina Mette in ThyssenKrupp Inside Steel, Ausgabe 3, 2006

AZUBIS BAUEN GROSSPLASTIK FÜR DUISBURGER AKZENTE
Massiv aktiv für Kunstinstallation ULTRA
Aktiv an einem Kunstprojekt des Kulturfestivals Duisburger Akzente beteiligt waren eine Reihe von ThyssenKrupp Steel Azubis: Im Mittelschiff der Hochfelder Pauluskirche haben sie eine monumentale Stahlpyramide aufgebaut, die den Mittelpunkt einer Rauminstallation mit Klang und Licht bildete.
„Bevor wir die Pyramide aufstellen konnten, waren wochenlange Konstruktionsarbeiten nötig“, beschreibt Ausbilder Ralf Lunau den Schaffensprozess. „Die von der Schweizer Künstlerin Romi Fischer vorgegebene Geometrie ist hoch anspruchsvoll – ein optimales Objekt, an dem die Azubis ihre Fähigkeiten und ihre Ausdauer trainieren konnten“.
Das Engagement hat sich gelohnt: Die Besucher, die die multimediale Raumplastik ULTRA in der Kirche bewunderten, waren begeistert.